Analytische Psychotherapie

DSC02016Bei der analytischen Psychotherapie geht es nicht nur um eine Besserung der Symptomatik, sondern vielmehr um ein tiefgreifendes und weitgehendes Verständnis der eigenen Persönlichkeit. Patient:innen, die dieses Verfahren wählen, haben ein besonders Interesse an einem grundlegenden Verstehen ihres Lebens und dem Ursprung ihrer Schwierigkeiten und sie suchen auch oftmals umfassende Veränderungen. Da das menschliche Seelenleben äußerst kompliziert und in weiten Teilen unbewusst ist, braucht man für solche Behandlungsziele einen größeren Spielraum. Im Rahmen der Kassenbehandlung bietet die analytische Psychotherapie einen geeigneten Rahmen, in dem zwar keine unbegrenzte, aber doch eine ausreichende Anzahl von Stunden für die Behandlung zur Verfügung steht. Bei der analytischen Psychotherapie kann in der Regel von einem Gesamtrahmen von 240 Sitzungen für die Behandlung ausgegangen werden. In Einzelfällen kann auch ein weiterer Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden, sodass 300 Sitzungen für die Therapie zur Verfügung stehen. Vielleicht klingt diese Stundenzahl so, als wäre das sehr viel Zeit. Aber 240 Stunden sind gerade einmal zehn Tage im Leben eines Menschen, eigentlich also keine besonders große Zeitspanne. Dennoch ein guter Rahmen und ein ausreichender Spielraum für eine sinnvolle Behandlung. Bei der analytischen Psychotherapie besteht auch die Möglichkeit, mehrere Stunden in der Woche in die Behandlung zu kommen. Patient:innen können zwischen zwei und vier Psychotherapiesitzungen in der Woche in Anspruch nehmen. Dieser Rahmen macht ein sehr intensives Arbeiten möglich. Für Patient:innen, die an einer vertieften Selbsterkenntnis interessiert sind und ihren Problemen umfassend auf den Grund gehen wollen, ist diese Behandlungsform deshalb sehr geeignet. Bei der analytischen Psychotherapie geht es nicht nur um eine Besserung der Symptome, sondern um ein besseres Verständnis der eigenen Lebensgeschichte und der im Verlauf der Kindheit erlernten unbewussten Erlebens- und Verhaltensmuster. Die Psychoanalyse geht davon aus, dass es die, in den frühen Beziehungen zu den Eltern und in der Familie gelernten und verinnerlichten Beziehungsmuster sind, die im späteren Leben zu spezifischen inneren und äußeren Konflikten und seelischen Störungen führen.

Der:Die Patient:in hat in der Behandlung die Aufgabe alles mitzuteilen, was ihm gerade einfällt. Unabhängig davon, ob ihm das wichtig erscheint oder nicht, erzählt der:die Patient:in alles, was ihm in den Sinn kommt. Das können positive oder negative Gedanken oder Gefühle sein, Träume oder Geschichten aus seinem Alltag. Diese Methode nennt man „Freie Assoziation“. Der:Die Psychoanalytiker:in hört zunächst einmal aufmerksam zu, wobei er:sie auf alles achtet, was der:die Patient:in sagt und auch, wie er:sie es sagt. Dieses aktive Zuhören bringt der Psychoanalyse manchmal den Ruf ein, dass Psychoanalytiker:innen kaum etwas sagen würden. Das ist natürlich nicht so, aber wir hören erst einmal genau hin und überlegen, was die Patient:innen uns mitteilen wollen und was die unbewusste Botschaft des Gesagten sein könnte. Erst wenn der:die Analytiker:in glaubt etwas verstanden zu haben, teilt er:sie dem:der Patient:in diese Überlegungen mit. Gemeinsam erarbeiten Patient:in und Analytiker:in in den einzelnen Stunden und auch im Gesamtbehandlungsprozess ein vertieftes Verständnis dessen, was im Alltag unbewusst ist. Erst dieses Verständnis macht Veränderungen möglich.

Patient:innen entwickeln bei dieser intensiven Behandlungsform eine besondere Beziehung zu ihrem:r Analytiker:in. Sie stellen in der Regel ihre früheren Beziehungserfahrungen mit in ihrem Leben bedeutsamen Menschen in der Therapie wieder her und „übertragen“ diese besonderen Formen der Beziehung in die therapeutische Beziehung. Die in der Vergangenheit gelernten Muster können im Hier und Jetzt der Behandlung erkannt und bewusst gemacht werden. Diese Übertragungen machen es möglich, dass nicht nur kognitive Einsichten vermittelt werden, sondern emotionale Erfahrungen gemacht werden können, was einen intensiven Lern- und Änderungsprozess in Gang setzt. Um diese Entwicklung in der analytischen Psychotherapie zu unterstützen, liegen Patient:innen bei der analytischen Psychotherapie in der Regel auf der Couch und der:die Analytiker:in sitzt hinter ihnen. Diese besondere Form der Behandlung dient dazu, schneller in eine besondere Verfassung zu kommen, die ein vertieftes Arbeiten an den unbewussten Konflikten der Patient:innen ermöglicht. Im Alltag sind wir ja alle sehr kontrolliert und wollen möglichst viel selbst bestimmen. In der analytischen Situation soll im Gegensatz dazu, viel mehr das zur Sprache kommen, was sonst keinen Raum hat, aber oftmals das ist, was Angst und Schwierigkeiten macht. Das Liegen dient der Entspannung und bringt Patienten in eine Verfassung, in der leichter Kontakt zu unbewussten Anteilen möglich wird. Das analytische Arbeiten ist ein intensiver, lang andauernder Prozess, der im Verlauf der Behandlung aber nicht nur die anfängliche Symptomatik bessert oder gar ganz verschwinden lässt, sondern der zu einem umfassenden und tiefgreifenden Verständnis des Menschen von sich selbst führt und damit die erwünschten Veränderungen in seinem Leben möglich macht, die vorher nicht zu erreichen waren.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem kurzen Überblick einen ersten Eindruck von diesem Behandlungsverfahren geben konnte. Sicherlich kann ich Ihnen an dieser Stelle keinen umfassenden Überblick über dieses vielschichtige Verfahren geben und viele Fragen werden offen bleiben. Wenn Sie sich, angeregt durch diese kurze Einführung, weiter über das Verfahren informieren wollen, finden Sie eine Fülle von Literatur zu diesem Thema und auch Informationen im Internet. Zum Beispiel über die Online-Zeitung der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) http://www.psychoanalyse-aktuell.de/artikel/  .

Ob eine analytische Behandlung für Sie in Frage kommen könnte, sollte in persönlichen Gesprächen und nach eingehender Diagnostik entschieden werden.